Oslo – Mission für den Frieden

„Wir vier machen Frieden – oder es gibt keinen Frieden.“ (Joel Singer)

Mona Juul, Mitarbeiterin im norwegischen Außenministerium und ihr Lebensgefährte Terje Rød Larsen, Sozialwissenschaftler, bringen im Frühjahr 1993 in einer aus einer persönlichen Betroffenheit heraus geborenen diplomatischen Meisterleistung erstmals Israelis und Palästinenser in einer Pension außerhalb von Oslo gemeinsam an einen Tisch. Klare Regeln definieren den Rahmen der Treffen zwischen zwei Wirtschaftsprofessoren aus Haifa und dem Finanzminister der Palästinensischen Befreiungsorganisation, kurz PLO: Im Verhandlungszimmer wird gestritten, gedroht, geblufft, verhandelt. Außerhalb des Verhandlungszimmers wird gegessen, getrunken (Whiskey gibt es kistenweise!), werden Witze und Anekdoten erzählt. Keine Regierung ist über das Geschehen im Bilde. Eine Mission für den Frieden – in der die beiden Intellektuellen auf das Wissen setzen, dass die Todfeinde einander real begegnen müssen, um in dem Erleben, dass sich hinter den versteiften politischen Positionen einander ähnelnde Menschen verstecken, aufeinander zugehen zu können. Nur auf diesem Nährboden ist Frieden möglich.

Und so kommt es 1993 im Garten des Weißen Hauses in Washington D.C. zu einem historischen Moment: Jitzchak Rabin und Jassir Arafat schütteln einander im Beisein von Präsident Clinton die Hände und unterschreiben gemeinsam die „Prinzipienerklärung über die vorübergehende Selbstverwaltung“, kurz „Oslo  I“. Der Frieden scheint endlich greifbar nah…

Was nach einem kantigen historischen Dokumentardrama klingt, wurde vom Theater Regensburg unter der Regie von Klaus Kusenberg als spannender Politthriller auf eine multimedial bespielte Bühne gebracht, dessen Bann man sich zu keiner Minute der fast dreistündigen Spieldauer entziehen kann. Ein Meisterwerk auch deshalb, weil Mona Juul immer wieder das Kommen und Gehen auf der Bühne kommentiert, damit den Zuschauer im Dschungel der Namen, Parteien und Erzählebenen sicher an die Hand nimmt und durch die historisch belegten Fakten führt. Videoszenen versetzen den Zuschauer mitten in Proteste und Anschläge, an die Kriegsschauplätze, nach TelAviv, zeigen das Weiße Haus, erzeugen so eine Mischung aus Mitleiden und Erkennen, aus Verstehen und Hoffen auf ein Gelingen der Mission. Fulminant und bedrückend gipfelt das Stück in einer fesselnd inszenierten Schlussszene, in der alle Schauspieler, angeordnet wie Mosaiksteine, auf die Bühne treten und emotionslos als kalte Zahlen die Geschehnisse bis ins Jahr 2020 weiterführen. Fast alle Teilnehmer der Friedensmission sind heute tot. Anschlag um Anfeindung und Vergeltungsschlag von Privatpersonen und Radikalen, jede neue Zahl ein Peitschenhieb, führen zurück in eine brutale Realität, in der in diesem jahrtausendealten Streit einfach kein Frieden möglich zu sein scheint…

Im Januar befanden sich alle Schülerinnen und Schüler der Q12, anlässlich der Thematik zunächst eher reserviert, als gefesselte Zuschauer in einer vormittäglichen Schülervorstellung im Velodrom und durften so Inhalte des Deutschlehrplans zum letzten Ausbildungsabschnitt außerhalb des Klassenzimmers studieren. Fazit der Kollegiaten: Hie und da etwas lang; pure Spannung bis zum Ende; überraschend mitreißender Geschichtsstoff, Betroffenheit und Sprachlosigkeit. Aufgeworfen wurden dadurch vielschichtige Fragen, die die Theaterfahrer wieder mit zurück in ihre Klassenzimmer im Ludwigsgymnasium brachten!