Luggy mischt sich ein

Wie findet ein blinder Mensch eigentlich den Weg? Kann er ein Handy benutzen? Und wie weiß er, ob sein Hemd zu seiner Hose passt? Alle diese Fragen sprudelten am Projekttag Einmischen aus den Fünftklässlern des Ludwigsgymnasiums heraus. Die Möglichkeit, diese Fragen im persönlichen Dialog einem Betroffenen zu stellen, der seit über 30 Jahren mit einer schweren Sehbehinderung lebt, bot sich durch die Anwesenheit von Ralph Zimmerhansl und Juliane Eigner vom Behindertenbeirat der Stadt Straubing, die der Einladung der Klasse 9b des Ludwigsgymnasiums und der betreuenden Lehrkraft StDin Gabriele Zach gefolgt waren.

Das Projektformat Einmischen, das von der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit und dem Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern angeboten wird, ermutigt Schüler dazu, im gesellschaftlichen Leben aktiv zu werden und sich „einzumischen“, wenn es z. B. um Benachteiligung und Diskriminierung geht. In einem zweitägigen Workshop unter der Patenschaft der Vorsitzenden des Behindertenbeirates der Stadt Straubing, Frau Juliane Eigner, entstand in der Gruppe die Idee, für mehr Bewusstsein und Verständnis für Behinderte zu werben.

Um die Schwierigkeiten, auf die sehbehinderte, gehörlose und körperbehinderte Menschen im Alltag häufig treffen, für „Nicht-Behinderte“ besser nachvollziehbar zu machen, errichteten die Schüler auf dem Schulhof einen Parcours, bei dem jeder Schüler und jede Schülerin am eigenen Leib erfahren konnte, wie schwer es ist, einen Rollstuhl aus eigener Kraft  eine schräge Rampe hochzubewegen. Auch das Vorwärtsbewegen mit einem Blindentaststock konnten die Luggyaner erproben, wobei sich der auf dem Schulhof vorhandene Leitstreifen durchaus als hilfreich erwies.

Nach einem kurzen Einblick in die Gebärdensprache erhielten die Fünftklässler auch die Möglichkeit, die Braille-Schrift (Tastschrift für Blinde) kennenzulernen und sogar ein kurzes Gedicht zu entschlüsseln. Die Materialien, die vom bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund zur Verfügung gestellt wurden, trafen bei den Schülerinnen und Schüler auf lebhaftes Interesse. So konnte man mithilfe einer Simulationsbrille sein eigenes Sehvermögen auf 10 Prozent reduzieren und damit annähernd nachfühlen, wie sehr eine Sehbehinderung alltägliche Verrichtungen erschwert.

Die Begegnung und Fragerunde mit Ralph Zimmerhansl und seiner Führhündin Zinga war zweifelsohne ein ebenso eindrucksvoller Teil des Projekttages für die Kinder. Die Möglichkeit einen Betroffenen ohne Scheu nach kleinsten Details zu fragen, nutzten sie ausgiebig: „Träumen Sie in Farbe?“ oder „Wie können Sie sicher sein, zwei gleichfarbige Socken anzuhaben?“. Geduldig beantwortete Ralph Zimmerhansl jede noch so abwegige und abenteuerliche Frage und erntete für seine Offenheit am Ende einen herzlichen Applaus.

Die beteiligten Schüler aus der 9. Klasse waren sich dann auch beim Abschlussworkshop Einmischen einig: Die gewählte Projektidee war für die Schulfamilie von großem Interesse. Und sich Einzumischen kann richtig Spaß machen!