Die Q11 des Ludwigsgymnasiums besucht Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist in der Inszenierung von Julia Prechsl am Theater Regensburg.

Das Käthchen steht alleine auf der Bühne, richtet sich ans Publikum und hält eine emanzipatorische Rede über die Selbstbestimmung der Frau. So hat Julia Prechsl den Schluss des Dramas Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist am Theater Regensburg interpretiert. Im Original, das 1810 in Wien uraufgeführt wurde, fällt die Protagonistin in Ohnmacht, doch die junge Regisseurin sieht die Geschichte im Jahr 2019 etwas moderner.

Zu Beginn des Ritterschauspiels in fünf Akten steht ein Gerichtsprozess gegen den Grafen Wetter vom Strahl, der angeklagt ist, das Käthchen verhext zu haben, da diese nicht mehr von seiner Seite weicht. Dieser ist ihr in einem Traum erschienen. Er selbst träumte jedoch, er würde die Kaisertochter heiraten, weshalb er das junge Mädchen vehement abweist. Nachdem er vom Vorwurf der Hexerei freigesprochen worden ist, sieht er in Kunigunde von Thurneck eine adäquate Wahl für eine standesgemäße Heirat. Letztendlich verliebt er sich dennoch in Käthchen und findet heraus, dass sie ein uneheliches Kind des Kaisers ist, während es Kunigunde nur auf seine Ländereien abgesehen hat. Deshalb steht einer Hochzeit nichts mehr im Wege. Da die adeligen Männer jedoch alles über ihren Kopf hinweg entscheiden, weigert sich das Mädchen, ihn zu heiraten, und appelliert stattdessen in einem ausdrucksstarken Schlussmonolog an die Rechte der Frauen.

Dieser ist im ursprünglichen Werk nicht enthalten. Indem die Regisseurin die Schauspielerin aus ihrer Rolle heraustreten lässt, macht sie deutlich, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau auch im Jahr 2019 noch lange nicht verwirklicht ist. Käthchen zählt die Geschlechter betreffende Ungerechtigkeiten auf, die den Zuschauer zum Nachdenken anregen. Weiterhin auffällig in Julia Prechsls Inszenierung ist das Bühnenbild, das durch die beweglichen, blütenartigen Wände wie ein Kunstwerk aussieht. Auf diese Weise lässt sich die semantische Opposition zwischen der positiv besetzten Natur und der abzulehnenden Zivilisation eindrucksvoll darstellen.

Vor allem die Szene des Schlossbrandes, nach dem sich der Graf von Kunigunde ab- und Käthchen zuwendet, wirkt noch lange nach. Die Zerstörungskraft des Feuers wird durch orangefarbene Scheinwerfer sowie von einer Windmaschine aufgewirbelte Papierfetzen, die symbolisch für die Asche und den Rauch stehen, dargestellt und mit einer düsteren Instrumentalmusik unterlegt. Darüber hinaus überzeugen die Kostüme, die laut der Regisseurin so wirken sollen, „wie Märchen heute zum Beispiel funktionieren können“, nämlich mystisch und dennoch modern.  Alleine der Beginn der Inszenierung fällt gegenüber dem Rest etwas zurück. Die Anklage des Grafen vor einem Femegericht ist unnötig lang, der Vater von Käthchen kaum zu verstehen.

Umso besser, dass es direkt nach diesem eher langweiligen Beginn richtig zur Sache geht. Der Innenraum des Theaters wird in das Spiel mit eingebunden und die Zuschauer werden regelrecht in die Handlung hineinkatapultiert, als der Graf auf der Suche nach dem Käthchen plötzlich durch die Reihen rennt und dabei einzelne Theaterbesucher persönlich anspricht. Alles in allem war der Abend kurzweilig und die Inszenierung kann als gelungen bezeichnet werden. Durch derartige Inszenierungen kann man auch junge Menschen für das Theater begeistern, das eben keineswegs alt und angestaubt sein muss.