Unterwegs mit Kaninchen… und Autor Benjamin Tienti

Was macht ein Jugendlicher, wenn der allein erziehende Vater plötzlich aus einer Notsituation heraus eine fremde Frau und ihre taffe Tochter in die Wohnung aufnimmt und damit das bislang gut geschmierte, beschauliche Leben durcheinander würfelt?

Diese Frage stellt sich Andrea (ja, ohne s), der mit seinem Vater und Kaninchen Maikel in Berlin wohnt. Und dass es mit der kampfsport-trainierenden Fidaa, die nun plötzlich im Zimmer nebenan wohnen wird, nicht rund läuft, merkt Andrea schnell. Und dann lässt Fidaa auch noch in einem blöden Unfall unabsichtlich Maikel fallen und der Tierarzt sieht wenig Chancen, das altersschwache Kaninchen zu heilen. Da fällt Andrea ein, dass seine weit entfernt wohnende Mutter doch Energieheilung praktiziert …

In diese Umbruchsituation nahm am 15. Juli der Autor von Unterwegs mit Kaninchen, Benjamin Tienti, Schüler der 5. und 6. Jahrgangsstufen mit, als er mit großem mimischem Einsatz aus seinem Werk las. Unterstützt wurde er in Dialogpassagen dabei von Tina Rausch vom White Ravens Festival, in dessen Rahmen der sympathische Schreiber ans Ludwigsgymnasium kam. „White Ravens“ – so bezeichnen die Organisatoren des Lesefestivals besonders herausstechende Jugendbücher, die sie im Zweijahresrhythmus den ZuhörerInnen präsentieren.

In der Aufwärmrunde zeigte sich, welche große Bandbreite an Haustieren die Luggy-SchülerInnen zuhause haben – vom Kaninchen über Meerschweinchen, Hühner und griechische Landschildkröten bis hin zu einem Hamster namens „Rocket“. Herr Tienti verstand es, die SchülerInnen in ihrer Lebenswelt abzuholen, bevor alle gemeinsam in Andreas Welt eintauchten. Danach zeigten die ZuhörerInnen in einem Quiz, wie ausgezeichnet sie aufgepasst hatten und bekommen dafür in Kürze Autogramme vom Autor zugeschickt – gegen Ende der Lesetour hatte die große Nachfrage die Vorräte geleert.

Im Anschluss stellte Benjamin Tienti sich den unzähligen Fragen des Publikums. So erfuhren die ZuhörerInnen etwa, dass der Autor nur nebenberuflich schreibt und ansonsten als Sozialarbeiter an einer Berliner Grundschule tätig ist; sein Wunschhaustier eine Schildkröte wäre, er sich aber auch eine Ameisenfarm vorstellen könnte; er in Deutsch alles andere als ein Einserschüler war (und SchülerInnen ermutigen möchte, sich nicht in ihrer Liebe zum Schreiben von so etwas wie schlechten Noten abhalten zu lassen); er dank eines bei Schriftlichem nahezu fotografischen Gedächtnisses trotzdem gut in Diktaten war, aber noch heute Probleme mit der Unterscheidung von das/dass hat; er nie explizit den Wunsch hatte, Autor zu werden, sondern „so reingerutscht“ ist; er seine frühen Werke auch heute noch ohne Scham lesen kann.

Für Unterwegs mit Kaninchen wäre keine*r der Anwesenden von etwas anderem ausgegangen – die Lesung sorgte für einen äußerst kurzweiligen Vormittag und kräftigen Abschlussapplaus. Zum Dank für die – übrigens für alle Zuhörer kostenlose! – Autorenlesung überreichte Luggy-Lehrer Felix Kern dem Autor und der Vertreterin des White Ravens Festivals kleine Leckereien – Straubinger Pralinen für die Heimfahrt nach acht Festival-Lesungen.